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Franciszek Gawryluk

geboren am 10. Oktober 1922

  • Franciszek Gawryluk, 1947 (Privatbesitz)

Gefährliche Arbeit im Krankenrevier

Franciszek Gawryluk wird im ostpolnischen Wólka Polinowska geboren. Sein Dorf liegt im heutigen Grenzgebiet zu Weißrussland und gehört bis zum Ersten Weltkrieg zu Russland. Franciszek spricht Polnisch und Russisch. Auf Druck der deutschen Besatzungsmacht muss er im März 1940 zur Zwangsarbeit nach Deutschland gehen. Er kommt zu einer Bauernfamilie im sächsischen Weißenborn. Während dieser Zeit steht er in Briefkontakt mit Polen aus seiner Heimatregion, die in benachbarten Dörfern in Sachsen arbeiten müssen.

Sein Bekannter Bronisław Marczuk beschwert sich in einem Schreiben an eine deutsche Zeitung über die geringe Entlohnung polnischer Zwangsarbeiter und wird festgenommen. Bei ihm findet man Briefe von Franciszek Gawryluk. Daraufhin verhaftet ihn die Gestapo im Oktober 1940. Nach sechs Monaten Untersuchungshaft im Dresdner Polizeigefängnis wird gegen den 18-Jährigen ein Schutzhaftbefehl wegen »Hetzpropaganda« erlassen. Über Gefängnisse in Zwickau, Plauen, Hof und Nürnberg gelangt er Mitte April 1941 ins KZ Flossenbürg. Bronisław Marczuk, der ebenfalls hier inhaftiert ist, stirbt Ende Februar 1942.

Franciszek Gawryluk arbeitet zunächst im Straßenbaukommando. Später muss er im Steinbruch schwere Granitquader mit einer Lore transportieren. Dabei ist er ständig der Witterung und der Willkür des Kapos ausgesetzt. Auf Veranlassung des Oberkapos im Steinbruch arbeitet er ab Herbst 1941 in einer überdachten Halle, wo er als Steinmetz angelernt wird. Nach zwei Jahren in diesem Kommando versetzt ihn die SS wegen seiner Sprachkenntnisse ins Krankenrevier. Hier dolmetscht er für die polnischen und russischen Häftlinge. Später muss Franciszek Blut- und Urinanalysen vornehmen. Außerdem untersucht er den ausgehusteten Schleim auf Tuberkulose-Bakterien. Bei mangelnder Desinfektion ist dies eine gefährliche Arbeit. Wegen der Ansteckungsgefahr werden die Häftlinge aus dem Krankenrevier nicht auf den Todesmarsch geschickt. Am 23. April 1945 erlebt Franciszek die Befreiung des Lagers.

Franciszek Gawryluk kehrt in sein Heimatland zurück und arbeitet zunächst als Laborant in Warschau. Er holt das Abitur nach, studiert an der medizinischen Akademie und wird Arzt.

Franciszek Gawryluk, um 2005 (KZ-Gedenkstätte Flossenbürg)