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Odoardo Focherini

6. Juni 1907 - 27. Dezember 1944

  • Odoardo Focherini, um 1943 (Privatbesitz)

Hilfe für verfolgte Juden

Odoardo Focherini wächst in Carpi in der Region Emilia-Romagna auf. Aus tiefem Glauben heraus engagiert er sich seit seiner Jugend in der Laienbewegung »Azione Cattolica«. 1939 wird er Geschäftsführer der katholischen Tageszeitung »L’Avvenire d’Italia«. Im Jahr 1942 setzt er sich erstmals für verfolgte Juden ein. Zwei jüdischen Flüchtlingen aus Polen verhilft er zum Grenzübertritt nach Spanien. Als nach der deutschen Besetzung auch in Italien die Deportationen beginnen, organisiert er mit anderen die Flucht vieler Juden in die Schweiz. Für ihn ist diese Hilfe ein Akt praktizierter Nächstenliebe.

Im März 1944 lässt die SS Odoardo Focherini von der faschistischen Polizei verhaften. Im September wird er mit mehr als 400 Internierten aus dem Durchgangslager Bozen nach Flossenbürg transportiert. Drei Wochen später kommt er ins Außenlager Hersbruck. Er wird beim Tunnelbau für die Untertageproduktion von Flugzeugmotoren eingesetzt. Dabei zieht er sich eine Beinverletzung zu. Da sie nicht richtig behandelt wird, stirbt er Mitte Dezember an einer Blutvergiftung. Erst im Juni 1945 erfahren seine Frau und die sieben Kinder von seinem Tod.

Im Jahr 1969 verleiht der israelische Staat Odoardo Focherini den Ehrentitel »Gerechter unter den Völkern«. Der Vatikan bereitet seine Seligsprechung vor.

Familie von Odoardo Focherini, Juli 1944 (Privatbesitz KZ-Gedenkstätte Flossenbürg)

Auf Odoardo Focherinis Bitte hin sendet ihm seine Ehefrau dieses aktuelle Familienfoto in das Internierungslager Fossoli bei Carpi.

»Meine Liebste, am Beginn der Reise, die mich etwas weiter weg führen wird, sind meine Gedanken wie immer bei dir und den Kindern. Ich werde sofort schreiben. Gesundheit bestens. Ich bete und bin dir nah, nah in jedem Moment. In der Erwartung, dich wieder zu sehen, tausend Küsse und die besten Wünsche für Frieden und Wohlergehen. Der Herr stehe bei dir und helfe dir. An alle dicke Küsse und an dich die dankbarsten und glühendsten. In unveränderter Treue Deiner. Odoardo«

Letzter Brief Odoardo Focherinis an seine Ehefrau vor dem Abtransport nach Flossenbürg, 5. September 1944 (Privatbesitz)

Während seiner Haft in Italien kann Focherini Briefkontakt zur Familie halten. Auch aus Hersbruck darf er zweimal schreiben.